Offener Brief der Münchner FDP an OB Reiter: Schulen offenhalten!

München, 30. November. Die Münchner FDP wendet sich mit einem offenen Brief an Oberbürgermeister Reiter und plädiert dafür, die Münchner Schulen unter Einsatz von Raumluftfiltern, Klassenpool-Tests und Livestream-Möglichkeiten offenzuhalten. Der Brief des Stadtvorsitzenden Dr. Michael Ruoff und der beiden stellvertretenden Vorsitzenden Dagmar Föst-Reich und Daniela Hauck lautet wie folgt:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Reiter,
 
mit diesem offenen Brief wenden wir uns an Sie, da wir sowohl als Eltern von schulpflichtigen Kindern, als auch als politisch engagierte Bürger aufgrund der aktuellen Situation an den öffentlichen Schulen in großer Sorge sind, dass aufgrund der Covid19-Pandemie weder der Gesundheitsschutz von Schülern und Lehrern noch die Unterrichtspflicht des Staates sichergestellt werden können. 
 
Ebenso wie zahlreiche berufstätige Eltern erwarten wir, dass die Landeshauptstadt München alles unternimmt, damit die Schulen offenbleiben können, Wechselunterricht, falls notwendig, jederzeit problemlos stattfinden kann und möglichst wenig Schülerinnen und Schüler in Quarantäne geschickt werden müssen.
 
Aus diesem Grund bitten wir Sie dringend, sich für folgende Anliegen einzusetzen:
 
1.     Den Einsatz von mobilen Raumluftfiltern für Klassenzimmer. Studien der Frankfurter Goethe-Universität und auch der Bundeswehruniversität München (Prof. Dr. Christian Kähler) ergaben, dass damit nachweislich über 90 % aller Aerosole aus der Raumluft entfernt werden können. Eine derartige Reduzierung der Aerosole in der Luft leistet einen zusätzlichen Beitrag zur Senkung des Infektionsrisikos, auch wenn dadurch nach Ansicht des Umweltbundesamts nicht gänzlich auf regelmäßiges Lüften verzichtet werden kann. Die Lüftungsintervalle können dann aber länger sein.
 
Luftfilter, die von Eltern an Schulen gespendet werden, sollten von der Stadt München angenommen werden (s. Bild-Artikel vom 16.11.2020 „Münchner Eltern sauer! Schulen verweigern kostenlose Luftfilter“). Das Schulreferat hat die Annahme der Luftfilter mit der Begründung abgelehnt, dass die Geräte keinen nachgewiesenen infektionspräventiven Nutzen bieten würden. Diese Begründung können wir angesichts der genannten Studien und auch der Bereitstellung von 37 Millionen Euro durch den Freistaat Bayern nicht nachvollziehen. In der Gemeinde Neubiberg wird das Konzept von Prof. Dr. Kähler bereits umgesetzt und zum Schutz vor einer Infektion mit dem SarsCov2-Virus Raumluftreiniger in den Grundschulen eingesetzt (s. SZ-Artikel vom 20.10.2020 „Filtern statt Lüften“). Vergleichbare Pilotprojekte würden wir uns auch in München wünschen. Wir sollten alles unternehmen und nichts unversucht lassen, damit die Schulen in München offenbleiben können.
 
2.     Die Durchführung von regelmäßigen Schnelltests und „Speichelspuck-Klassenpool-Tests“ an allen öffentlichen Schulen (s. SZ-Artikel vom 12.11.2020 „Erst Mathe, dann Gurgeln und Spucken“), um Corona Infektionen frühzeitig zu erkennen und die Verbreitung des Virus zu verhindern. Der Speichelspucktest ist für die Schüler angenehmer, preiswerter und kann sehr schnell ausgewertet werden. Durch die Pool-Strategie entstehen nur geringe Kosten. Insbesondere nach den Weihnachtsferien wäre zusätzlich eine flächendeckende Testung von Schülern und Lehrern durch mobile Testteams eine wirksame Strategie, um Quarantänen von ganzen Klassen und Schulen zu vermeiden. 
 
3.     Die Ermöglichung von Videokonferenzen und Livestreaming des Unterrichts aus dem Klassenzimmer heraus für den Fall, dass sich Schüler in Quarantäne befinden oder auf Wechselunterricht umgestellt werden muss. Schulpflicht für die Kinder heißt für uns im Umkehrschluss Unterrichtspflicht für den Staat, auch digital. Dafür benötigen alle Lehrer Dienst-Laptops und die Klassenzimmer müssen mit digitalen Tafeln, schnellen Netzwerkanschlüssen, Kameras und Mikrofonen ausgestattet sein. Wir fordern die umgehende flächendeckende Vervollständigung, wo diese Ausstattung noch fehlt. Es gibt positive Beispiele, wie digitaler Unterreicht funktionieren kann, z.B. an der Maria-Probst-Realschule (s. BR-Bericht vom 19.11.2020 „Digitaler Unterricht: Schulen unterschiedlich gut vorbereitet“). Wir würden es gerne sehen, dass alle Schulen in München entsprechend gut auf Distanzunterricht vorbereitet sind. Die Landeshauptstadt München muss als Sachaufwandsträger sicherstellen, dass alle Schulen die Möglichkeit haben, auf digitalen Unterricht umzustellen. Unterstützungsangebote aus der Elternschaft, wie z.B. vom Elternbeirat des Städtischen Sophie-Scholl-Gymnasiums, sollten angenommen und mit den freiwerdenden Mitteln andere Schulen unterstützt werden.
 
Anlässlich der aktuell laufenden Sanierung des Oskar-von-Miller- und des Maximilians-Gymnasiums gehen wir davon aus, dass die Landeshauptstadt München für diese die zeitgemäße digitale Ausstattung einschließlich Internet-Anschlüsse und Videokonferenz-Ausstattung in allen Unterrichtsräumen vorgesehen und die rechtzeitige Verfügbarkeit sichergestellt hat. Die uns nahestehende Stadtratsfraktion FDP/BP konnte jedoch in Auskunftsersuchen bisher keine belastbaren Planungen hierzu in Erfahrung bringen. Wir würden daher gerne von Ihnen mehr hierzu und zu den geplanten raumlufttechnischen Anlagen in den jeweiligen Gebäuden erfahren.
 
Zusätzlich zu diesen Forderungen halten wir den Einsatz von Plexiglas-Trennscheiben in den Klassenräumen und die Ausweitung des MVV-Angebotes zwischen 7 und 8 Uhr morgens für äußerst sinnvoll. 
 
Insgesamt würden wir uns von der Landeshauptstadt München mehr Engagement, mehr Einsatz und mehr Kreativität für unsere öffentlichen Schulen wünschen. Gerne stehen wir für lösungsorientierte Gespräche zur Verfügung.
 
Mit freundlichen Grüßen
 
Dr. Michael Ruoff              Dagmar Föst-Reich              Daniela Hauck
(Stadtvorsitzender)            (Stv. Vorsitzende)                (Stv. Vorsitzende)